Magie für Dummies

MagiG bedeutet:
Bestellungen bei den Göttern aufgeben.

Vorbemerkung: Das Folgende erhebt keinen Anspruch auf philosophische Validität. Es geht nur um eine pragmatisch orientierte Handlungsanleitung.

Magie und MagiG

Magie ist ein sehr weiter Begriff. Verschiedene Menschen verstehen darunter sehr verschiedene Handlungsarten:

Magie

  • die Bühnenmagie, welche uns mit Zaubertricks unterhält
  • die Geisterbeschwörungen z. B. nach dem Manuskript "Schlüssel des Königs Salomon"
  • die Volksmagie nach den Büchern des Moses
  • die Parapsychologie, wie sie von der Wissenschaft erforscht wird
  • Aleister Crowleys Magick, nach der jede willentliche Handlung eine magische Handlung ist
  • die Gebräuche primitiver Kulturen zum Regen machen
  • die Sympathiemagie, bei der durch Herstellung von Puppen Menschen beeinflusst werden
  • alle möglichen Arten von Hokuspokus
  • usw.

Allgemein versteht man unter Magie Veränderungen, die nicht durch physisches Handeln, sondern durch eine Art intensives Wünschen bewirkt werden. Die Wünsche können an das eigene Unbewusste, wie an Geister oder Götter gerichtet werden. Oft muss der Wunsch durch Einhaltung bestimmter Regeln, durch Rituale, Symbole, Konzentrationen, Imaginationen oder Geschenke bestärkt werden.

Magie:
Interaktion und Kommunikation
 mit inneren unbewussten
oder äußeren unsichtbaren
Komplexen oder Wesenheiten,
die erwünschte oder geforderte Veränderungen
bewirken sollen.

Wir werden uns hier nur mit der Magie von Thelema beschäftigen. Das ist die Magie, wie sie im "Liber L vel Legis" beschrieben ist. Bei dieser Magie geht es um Interaktion und Kommunikation mit den Göttern des "Liber L vel Legis".

Da die Götter im Mittelpunkt stehen, und um Verwechslungen zu vermeiden, nennen wir die thelemische Magie: MagiG - mit "G" wie Götter, mit "G" wie Grube. Hilfe von den Göttern und Absturz in die Grube (Abyss, der Abgrund), sind die beiden Möglichkeiten von MagiG.

Das "Liber L vel Legis" über MagiG

Im "Liber L vel Legis" findet sich nicht besonders viel über MagiG, dennoch die entscheidenden Informationen:

  • II. 7: "Ich bin der Magier und der Exorzist. Ich bin die Achse des Rades und der Würfel im Kreis. “Kommet zu mir” ist ein närrisches Wort: denn ich bin es, der geht."
  • II. 8: "Wer Heru-pa-kraath angebetet hat, hat mich angebetet; falsch, denn ich bin der Anbeter.
  • II. 9: "Denket alle daran, daß Existenz reine Freude ist; daß alle Sorgen nur wie Schatten sind; sie vergehen & sind vorbei; doch da ist das, was bleibt."
  • I. 37: "Auch die Mantras und die Zauber; das Obeah und das Wanga; die Arbeit des Stabes und die Arbeit des Schwertes; diese soll er lernen und lehren."

Diese wenigen Verse müssen mit Informationen aus anderen Versen verbunden werden, um alles korrekt zu verstehen. Ich werde das hier nicht im Einzelnen vorführen, sondern nur kurz darstellen.

Der MagiGer

Hadit sagt von sich, dass er der Magier sei. Das ist nach der Weltbeschreibung des "Liber L vel Legis" korrekt und nicht anders möglich. Hadit ist, wie in den obigen Versen gezeigt ("ich bin es, der geht", "ich bin der Anbeter") dasjenige in uns, was wahrnimmt, aber eben deshalb selbst nicht wahrgenommen werden kann. Wie das Auge, das sehen, aber nicht sich selbst sehen kann - außer in einem Spiegel. In der mystisch-magischen Tradition wird Hadit oft als das "schweigende Selbst" bezeichnet. Das ist insoweit richtig, als Hadit die Quelle des Redens und Handelns, aber weder die Rede noch das Handeln selbst ist. Genauso wie das Auge die Quelle des Sehens, aber nicht selbst das Sehen ist.

  • II. 2: "Kommt! ihr alle und lernt das Geheimnis, das noch nicht enthüllt wurde. Ich, Hadit, bin das Komplement von Nu, meiner Braut. Ich bin nicht ausgedehnt, und Khabs ist der Name meines Hauses."
  • II. 3: "In der Sphäre bin ich überall das Zentrum, während sie, der Umfang, nirgendwo gefunden wird."
  • II. 4: "Doch sie soll gekannt werden & ich niemals."

Nuit ist also alles Wahrnehmbare, und jeder Akt der Wahrnehmung ist die Vereinigung von Nuit und Hadit. Was wahrgenommen wird, wird also prinzipiell von Nuit und Hadit gemeinsam bestimmt. In I. 21. spricht Nuit von: "mein Herr Hadit." Daraus ist zu entnehmen, dass Hadit bestimmt, was wahrgenommen wird, aber natürlich bestimmt Nuit, was überhaupt wahrgenommen werden kann, also die Möglichkeiten der Wahrnehmung.

Nun sagt uns das "Liber L vel Legis": I. 3: "Jeder Mann und jede Frau ist ein Stern." In Vers II. 2 sagt Hadit: "Khabs ist der Name meines Hauses." "Khabs" bedeutet im altägyptischen "Stern". Damit sagt Hadit, dass jeder Mann und jede Frau sein Haus ist. Aber nicht in jedem Menschen bewohnt Hadit sein Haus: II. 56. "... dann, wenn ihr traurig seid, wisset, ich habe euch verlassen."

Das wird geklärt in II. 19. "Soll ein Gott in einem Hunde leben? Nein! nur die Höchsten gehören zu uns. Sie werden jubeln, unsere Erwählten: wer trauert, gehört nicht zu uns." Im Original steht "god" (Gott) und "dog" (Hund), das "o" bleibt, nur "g" und "d" sind vertauscht. Der Gott ist also das Gegenteil eines Hundes. Klar, der Mensch ist das Wesen zwischen Tier und Gott.

Soweit sollte erstmal deutlich sein:
Nur Menschen, in denen Hadit wohnt, sind der MagiG fähig,
denn Hadit ist der Magier.

Die Zutaten für MagiG

Wir hatten oben (I. 37) schon gesehen, was das "Liber L vel Legis" unter MagiG versteht: "Die Mantras und die Zauber; das Obeah und das Wanga; die Arbeit des Stabes und die Arbeit des Schwertes."

  • Die Sprache: Mantras und Zauber sind magiGsche Worte und magiGsche Sprüche (Zaubersprüche).
  • Die Handlungen und Gegenstände: Obeah und Wanga meint die durch Menschen direkt und aktiv ausgeübte MagiG und die durch Gegenstände (Amulette, Talismane) eher indirekt und passiv wirkende MagiG.
  • Die richtig eingesetze Kraft: Arbeit des Stabes und die Arbeit des Schwertes bezieht sich auf Wille und Vernunft.

Zu beachten ist noch:

  • II. 5: "Siehe! die Rituale der alten Zeit sind schwarz. Die schlechten sollen verworfen werden; die guten sollen vom Propheten gereinigt werden!"

Das ist eigentlich klar. Weil die alten Rituale auf einer völlig anderen Weltbeschreibung basieren, können sie nicht mehr wie gewünscht funktionieren und werden keine oder unerwünschte Ergebnisse haben.

Ein weiterer Aspekt ist der Gott, den wir bisher sträflichst - aber wir wollten es ja für "Dummies" machen - vernachlässigt haben: Ra-Hoor-Khut, der Falken-Köpfige Herr des Äons. Er sagt von sich:

  • III. 1: "Abrahadabra; der Lohn von Ra Hoor Khut."
  • III. 2: "Es gibt Spaltung hier im Innern; es gibt ein nicht bekanntes Wort. Rechtschreibung ist veraltet; alles ist nicht etwas. Hütet Euch! Halt! Erhebt den Spruch des Ra-Hoor-Khuit!"
  • III. 3: "Nun verstehet zuerst, daß ich ein Gott des Krieges und der Rache bin. Ich werde hart mit ihnen verfahren."

Das Zusammenspiel von Hadit und Nuit erzeugt - wir hatten das bisher vernachlässigt -  virtuelle Wahrnehmungen (unwirkliche, nicht von Menschen wahrnehmbare Formen), die erst durch Ra-Hoor-Khut Wirklichkeit werden. "Abrahadabra" erinnert an das bekannte Zauberwort "Abracadabra", aber mit Had(it) in der Mitte. Das bedeutet: Hadit, der Wahrnehmende, inmitten von "Abra",  Wahrnehmungsmöglichkeiten der Nuit. Da nun beides zusammengefügt ist, ergibt sich Wirklichkeit. "Abrahadabra" ist das Zauberwort, welches die Wirklichkeit erschafft, weil Nuit und Hadit vereinigt sind. Das ist der Lohn, den Ra-Hoor-Khut gibt, denn er ist diese Vereinigung.

Der "Spruch" des Ra-Hoor-Khut ist "Abrahadabra" - und die erzeugte Wirklichkeit ist nicht beliebig, sondern jede Wirklichkeit wirkt sich auf nachfolgende Wirklichkeiten (Zukunft) aus. Wirklichkeit hat Konsequenzen, was Ra-Hoor-Khut "Krieg" und "Rache" nennt. Auf physikalischer Ebene erscheinen Konsequenzen als Kausalgesetz von Ursache und Wirkung, aber auf biologischer und psychologischer Ebene ist das etwas komplizierter. Konsequenzen sind jedoch auf jeder Ebene unvermeidbar.

Es ist nun extrem wichtig zu beachten, dass Ra-Hoor-Khut nicht nur der Sohn, sondern auch der Herr von Nuit und Hadit ist. Er kann mit seinem "Abrahadabra" nur Wirklichkeit erzeugen, wenn und weil Hadit und Nuit sich vereinigen und damit eine virtuelle Wahrnehmung erzeugen. Aber ohne Ra-Hoor-Khut gäbe es nur eine unzusammenhängende Folge virtueller Wahrnehmungenen. Wirklichkeit werden diese virtuellen Wahrnehmungen erst, wenn Ra-Hoor-Khut sein "Abrahadabra" spricht. Ra-Hoor-Khut ist der Herr des Prozesses der Wirklichkeit und deshalb auch für die Konsequenzen zuständig.

Der Prozess der MagiG

Wenn wir uns an das erinnern, was im vorhergehenden Abschnitt über Ra-Hoor-Khut gesagt wurde, ist klar: MagiG kann den laufenden Konsequenzen weder entgehen, noch sie unterlaufen. Dafür sorgt Ra-Hoor-Khut ausnahmslos: "Ich werde hart mit ihnen verfahren." Das muss so sein, denn anders würde die Welt zum Chaos, nichts wäre mehr vorhersagbar: Brot könnte statt essbar Gift sein.

MagiG muss sich also immer einen Möglichkeitsraum innerhalb des Geflechts der unabänderlichen Konsequenzen verschaffen. Daraus folgt: MagiG braucht Zeit. Das muss nicht viel Zeit sein, manchmal reicht ein Tag oder eine Stunde, manchmal braucht es aber auch mehrere Tage oder, bei extrem unwahrscheinlichen Wünschen, sogar Monate. Daraus folgt, dass durch MagiG vieles, aber nicht alles möglich ist. Darüber muss man sich allerdings keine großen Gedanken machen, weil es gewöhnlich ziemlich offensichtlich ist, was gehen könnte, was schwierig wird und was unmöglich ist (unmöglich ist eigentlich nur das logisch Widersprüchliche).

Persönliche Voraussetzungen für MagiG

Die entscheidende Frage ist, ob Hadit - der Magier - in einem Menschen wohnt oder nicht. Woran das erkennbar ist, wurde oben beschrieben:

  • Die Erwählten: Menschen, in denen Hadit wohnt, haben sich für das Leben entschieden. Ihr Leben blüht und gedeiht. Sie sind glücklich und erfolgreich, freuen sich viel, haben Selbstvertrauen, genießen das Leben und haben Vertrauen in die Welt, die Menschen und das Leben. Typische Äußerung: Wir schaffen das!
  • Die Sklaven: Menschen, die Hadit verlassen hat, haben sich (faktisch, auch wenn sie es selbst nicht merken) für den Tod entschieden. Ihr Leben kümmert so dahin. Sie fühlen wenig (schwache Freuden), sind eher unglücklich, häufig besorgt, eher traurig als fröhlich und haben nur wenig bis kein Vertrauen in die Welt, die Menschen und das Leben. Typische Äußerung: Das geht nicht, weil ... die anderen ... die Umstände ...

Die Sklaven leben in einer Welt, die so ist, wie sie befürchten: Eine kalte, sinnlose Welt mechanischer Ursachen und Wirkungen. Sie sind von allen Göttern verlassen.

Auch für die Erwählten gibt es weder Heil noch Gnade. Sie sind allein mit den Göttern - im Diesseits. Aber immerhin: Die Erwählten leben durch und durch göttlich - gemeinsam mit den Göttern:

  • II. 9: "Denket alle daran, daß Existenz reine Freude ist; daß alle Sorgen nur wie Schatten sind; sie vergehen & sind vorbei; doch da ist das, was bleibt."

Ob ein Mensch Erwählter oder Sklave ist, entscheidet er selbst. Der Erwählte hat sich, durch die Art wie er lebt, selbst erwählt. Der Sklave hat sich, durch die Art wie er lebt, selbst versklavt. Da jeder Mensch selbst über sein Leben entscheidet, kann er das jederzeit ändern: Man muss sich nur für das Leben entscheiden und entsprechend handeln: den Willen aktivieren, die Vernunft konsequent einsetzen und die Verhaltensgewohnheiten entsprechend umstellen.

Damit haben wir alle Teile zusammen und können loslegen :-)

Der erste Erfolg mit MagiG

Wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, kann es losgehen. Das allgemeine Schema ist:

  • Imagination: Den erwünschten Zustand oder das gewünschte Ereignis klar und deutlich in einem emotional ansprechenden Bild vorstellen.
  • Formulierung: Den Wunsch klar, deutlich und anschaulich in bildhaften Wörtern formulieren.
  • Prüfung: Zwischen Imagination und Formulierung solange hin und her wechseln, bis beides klar und deutlich ist und sich gut anfühlt.
  • Abschicken: Nuit oder Ra-Hoor-Khut anrufen, den Wunsch vortragen, sehr betont und bestimmt "Abrahadabra" rufen - das wars. (Die Bestellung nicht an Hadit schicken, denn er ist es, der sie abschickt.)
  • Vergessen: Nun sollte die Bestellung vergessen werden. Sie ist angekommen, mehr ist nicht zu tun: Man lässt die Götter ihre Arbeit machen ohne sie zu belästigen.
    "Vergessen" meint nicht den krampfhaften Versuch, nicht an die Bestellung zu denken, das klappt nicht. "Vergessen" meint, sich genausowenig darum zu kümmern, als hätte man bei Amazon ein Buch bestellt und weiß, es wird so schnell wie möglich abgeschickt werden - man sorgt sich nicht darum, denkt nicht dran.
  • Lieferung verfolgen: In der folgenden Zeit muss man darauf achten, ob man irgendeine Intuition hat, irgendetwas erfährt oder irgendetwas geschieht, was mit der Bestellung zusammenhängen könnte. Wenn sich etwas entsprechendes ereignet, muss man darauf reagieren - sonst geht die Lieferung verloren.
  • Lieferung abholen oder annehmen: Irgendwann wird die Lieferung da sein - man sollte das bemerken und sie annehmen.
    Das ist kein Witz: Ich habe oft genug erlebt, dass Menschen es nicht gemerkt haben, wenn die Lieferung ankam, z. B. weil sie diese in einer anderen Verpackung erwartet hatten.

Die Beschreibung ist etwas allgemein, aber die konkreten Fälle sind so verschieden, dass es genauer nicht geht. Für schwierigere Fälle gibt es ausgefeiltere Verfahren, aber dieser Text ist eine Einführung.

Gutes Gelingen wünscht

MDE


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